Vor zehn Jahren wurde ein Stolperstein für Gabriele Guttstadts Großvater, Friedrich Guttstadt, vor dem Haus Reifträgerweg 19 in Berlin-Zehlendorf errichtet. Auch 2013 war ein Vertreter des Chores anwesend.
Zum Gedenken an die Verlegung vor zehn Jahren initiierte und organisierte Gabriele einen kulturhistorischen Rundgang durch Zehlendorf-West für uns, ihre Angehörigen und Interessierte. Wir trafen uns um 11 Uhr am U-Bahnhof Onkel-Toms-Hütte, hier bekamen wir bereits erste Eindrücke des besonderen Baustils.
Es war vornehmlich Bruno Taut, der sich als Architekt und Stadtplaner in den Jahren 1926 bis 1931 für den Bau der angrenzenden Wohnsiedlung im Bauhausstil (im Volksmund die Papageiensiedlung) verantwortlich zeichnete. Beeindruckend für uns waren die schönen Fassadenfarben, die farbigen Türumrahmungen und die schlichte Bauweise.An der Gedenktafel für Bruno Taut (Argentinische Allee/Riemeisterstraße) verharrten wir einen Moment in der Sonne.
Am Stolperstein für Anna Friedberg, einer Cousine von Gabrieles Großvater, am Eschershauser Weg 15 berichtete Gabrieles Schwester, Renate Boltjes, von deren Schicksal.
Das Wohnhaus von Ingeborg Drewitz, einer Berliner Schriftstellerin, an dem wir eine Gedenktafel anschauen wollten, war eingerüstet und damit für uns nicht einsehbar.
Eine Tafel, die zum Gedenken an die Entführung von Peter Lorenz am 27.2.75 errichtet wurde, befindet sich am Quermatenweg/Ithweg und erregte natürlich auch unsere Aufmerksamkeit.
Genauso verhielt es sich mit der Gedenktafel an der Argentinischen Allee/Teschener Weg. Hier findet man auf einer Tafel den Hinweis auf die SS-Kameradschaftssiedlung, die von 1937-39 von Gerlach errichtet wurde. Bis zum Ende des Krieges waren mehr als 90 Prozent der dortigen Bewohner SS-Leute mit ihren Familien. Nach dem Krieg wurden die Gebäude den Opfern der Naziherrschaft zur Verfügung gestellt. Diese Waldsiedlung hat einen sehr naturnahen Charakter, gewaltige Kiefern umschmeicheln die Gebäude und man sieht, dass sie zuerst dort waren. Die ganze Siedlung strahlt abseits der Hauptstraßen Ruhe aus. Die Stele an der Argentinischen Allee erzählt ihre Geschichte.
Weitere Häuser der Waldsiedlung und angrenzende Villen lagen auf unserem Weg. Eingebunden dort eine Stele (Tafel) am Erdmann-Graeser-Weg, die an Winfried Freundenbergs Flucht aus der DDR, acht Monate bevor die Mauer fiel, erinnert. Seine Flucht endete tödlich.
Am Schluss unserer Wanderung erreichten wir den Reifträgerweg 19 und den Stolperstein für Friedrich Guttstadt. Ich meine, würdevoll mit kleineren Ansprachen und unserem Gesang gedachten wir seiner und aller, die in diesem Krieg und in allen anderen ihr Leben ließen und immer noch lassen müssen. Georg stimmte mit seiner Ukelele das Lied der Moorsoldaten an. Bei diesem Gedenken waren zusätzlich einige ältere Zehlendorfer anwesend und der Vorstand des ATV der Märker mit Prof. Schaeffer, der sich mit der Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit des Akademischen Turnerbundes (ATB) beschäftigt. In ihm waren Friedrich Guttstadt und sein Bruder Richard Guttstadt aktiv.
Das war ein Tag mit so vielen Eindrücken und mit fast zehn Kilometern in den Beinen, da habe ich doch wirklich vergessen, dass wir mittendrin noch im Café am Selmaplatz sehr gut bewirtet worden sind. Leckere Kuchen und kleine Imbisse und natürlich Getränke wurden serviert. Auch das war von Gabriele spitzenmäßig organisiert worden.
Danke.
Marika